Bei der Kellerpartie mit dem Grazer Autor Martin G. Wanko darf man sich auf einiges gefasst machen
Auch „Schiller – ein Lustspiel“ ließe sich – einige Adaptierungen vorausgesetzt – heute noch spielen. Vor einigen Jahren, vor dem Erfolg der Türkisen und sowieso vor Ibiza, der Kurz-Abwahl und einer Übergangsregierung, verwendete Martin G. Wanko Friedrich Schillers Drama „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“ als Gerüst für eine treffsichere, bissige Politsatire. Der in Vorarlberg gut bekannte Grazer Schriftsteller war schon damals mit dem Theater im Keller (TiK) in seiner Heimatstadt verbunden.
Nach der Uraufführung vor wenigen Tagen gibt es dort vom 26. November bis weit in den Jänner hinein nun – laut des Titels seines neuesten Stücks – „Käsekrainer im Haifischbecken“. Beim Gedanken an ein Synonym für ein skrupelloses Verhalten liegt man richtig, mit fetten Brühwürsten als Fischfutter braucht man sich nicht weiter zu befassen. Dass die Themen und das Niveau der Unterhaltung von Stefan, Elke, Harry und Hilde ab und zu in etwa so wenig delikat sind wie die Zutaten dieses Fleischereierzeugnisses merkt man allerdings sofort.
Langweilig wird es dennoch nicht, weil Martin G. Wanko nicht nur seine Pappenheimer gut kennt, sondern auch jenen Menschentyp, der mit einigem Wissen Eindruck machen will, sich aber bald als Blender entlarvt. Die Auseinandersetzung mit Kunst und Literatur eignet sich dazu ganz gut. Besagtes Vierergespann demonstrierte nämlich anno 1984 nicht nur in der Hainburger Au für den Schutz der Natur, sondern ergötzte sich auch an der Österreich-Kritik in den Stücken des Schriftstellers Thomas Bernhard. Derartige Selbstgeißelung tat gut, sie schmerzte nämlich nicht und auch die Blockade in der Au war trotz der winterlichen Temperaturen nicht unangenehm, war man doch so engagiert wie jung und gerne bereit, mit jedem Körperwärme auszutauschen, der ins Zelt kroch.
Vierzig Jahre später sind aus den einstigen Weltverbesserern nicht nur karriere-, sondern auch machtgeile Spekulanten und Betonierer geworden. Das mag ein Klischee sein, doch Martin G. Wanko trägt bei der Entlarvung nicht zu dick auf. Gerade dass die Anspielungen auf Thomas Bernhard von banal bis subtil reichen, hat etwas, das entspricht dem locker zwischen Tragikomödie, Schwank und einer Krimigroteske changierenden Stück.
Bei der einstigen Au-Besetzung war die Clique übrigens noch zu sechst. Doch nachdem Franzi seit einem Unfall im Jenseits weilt, hat sich Freddy auf ein abgelegenes Schloss zurückgezogen, wohin er die Freunde lädt und wo er sich seit geraumer Zeit nicht nur mit biologischem Weinbau beschäftigt, sondern überhaupt mit dem Schutz des Planeten – und der Beseitigung seiner Zerstörer . . .
Alfred Haidacher hat inszeniert. Ganz ohne Tusch vor der krassen Wendung, aber mit einem leicht sarkastischen Ton unter der vor allem humorvollen Hauptlinie. Eine Mixtur, die er als Mitspieler so gut beherrscht wie Alexander Lainer, Tamara Belic, Stephanie Laurich, Hermann Tödtling und auch Leo Weingerl als eben nur leicht diabolischer Samuel.
„Eine Inszenierung ist dann gut, wenn man sich erst im letzten Akt fragt, wo man nachher noch etwas zu essen bekommt“, heißt es einmal in diesem Stück. Wie neben Trivialem und scheinbar Trivialem höchst komplexe Themen platziert werden, macht die Produktion bekömmlich. Man wird sich nach dem Theaterbesuch bzw. dem weinseligen Treiben im Keller eher nicht mit den Zutaten von Käsekrainern beschäftigen, sondern wahrscheinlich auch mit einigen Moralphilosophen. Vorausgesetzt man hat nicht nur viel gelacht, sondern auch gut zugehört.
Weitere Aufführungen am 26., 27. und 28. November, am 3., 4., 5., 6., 12. und 13. Dezember sowie am 15., 16., 17., und 18., Jänner.